„Alleine nach Indien? Als Frau? Viel zu gefährlich!“ Zu oft habe ich das schon gehört – von der besten Freundin bis hin zum Hausarzt. Inzwischen bin ich sieben Mal nach Indien gereist. Manchmal in Begleitung von Freunden, sehr oft aber auch alleine. Und ich habe fast ausschließlich gute Erfahrungen gemacht.
von Ulli Felber
Durch Indien als Frau: Traumdestination oder Gefahrenzone?
Da ich Indien so lieb gewonnen habe, stimmt mich die Negativberichterstattung über dieses einzigartige Land recht traurig. Gleichzeitig ist es gut, dass alle diese schlimmen Vorfälle groß in den Medien thematisiert wurden und werden. Denn genau das hat auch in Indien viel in Bewegung gesetzt – und es muss nach wie vor noch viel getan werden. Vergewaltigungen sind ungeheure Verbrechen, die hart bestraft werden müssen – überall auf der Welt.
Ich selbst habe zu 90 % nur gute Erfahrung gemacht. Viel mehr noch: Ich habe viele schöne und überraschende Momente erlebt. Oft wurde mir spontan geholfen – mit ehrlichen Absichten, ohne, dass jemand zudringlich wurde. Die wenigen Gefahrensituationen in die ich geriet, wären vermeidbar gewesen, hätte ich damals schon diese Tipps befolgt:
Meine 10 Tipps für alleinreisende Frauen in Indien
1. Moderat kleiden
In Indien gelten vor allem Schultern, Dekolleté und Knie als besonders erotisch, ebenso enge Kleidung an sich. Zwar gibt es Unterschiede je nach Region: So ist Goa beispielsweise relativ entspannt, ganz und gar nicht hingegen das streng muslimische Kaschmir. Grundsätzlich aber, und das gilt für wirklich alle Regionen, ist eine moderate Kleidung angesagt – also eher weit und luftig, Schultern und Knie bedeckt. No-gos sind Trägershirts, weite Ausschnitte, Leggings (außer in Kombination mit Kleidern/Röcken), Shorts/Hot-Pants etc. Achtung: Das gilt auch für Yogakurse! (Auch wenn die tapferen Trainer schon einiges gewohnt sind.)
2. Im Fall der Fälle: Blickkontakt vermeiden
Über den Blickkontakt läuft sehr viel in Indien. Man kann so oft schneller Bekanntschaft mit Fremden schließen, als einem lieb ist. Wer seine Ruhe haben möchte – egal, ob vor aufdringlichen Taxifahrern, fremden Männern oder vor wissbegierigen, wenn auch sehr lieben indischen Großfamilien – wendet seinen Blick einfach ab. Grundsätzlich empfiehlt sich dies in Gegenden, in denen man sich nicht wohl fühlt, oder abends. Trotzdem aber nie die Situation aus den Augen verlieren!
3. Girls only!
In den letzten Jahren hat sich, zumindest in indischen Großstädten, viel getan. Es gibt Taxis, die nur für Frauen sind – und auch ausschließlich weiblichen Fahrer haben (z.B. in Delhi: „meru EVE“). Bei U-Bahnhaltestellen gibt es Abschnitte, die für Frauen reserviert sind, ebenso wie es eigene Wagons und Abteile für Frauen gibt. Selbiges gilt für Busse. Überall, wo man durch Sicherheitskontrollen muss (Flughaften, Bahnhof, Museen, Shoppingcenter etc.) gibt es immer eine eigene Reihe für Frauen und eine weibliche Sicherheitsbeamtin.
4. Be smart
Wenn man als Frau alleine reist, ist man natürlich mehr Gefahren ausgesetzt als in der Gruppe – egal, wo auf der Welt. Es gibt viele Dinge, die für einen gesunden Hausverstand ganz klar sind:
• Idealerweise immer vorher recherchieren, in welche Gegenden man reist.
• Speziell in ärmeren Stadtvierteln und ruralen Gebieten nicht nachts alleine umherirren.
• Einsame Taxifahrten lieber tagsüber machen.
• Im (Nacht-)Zug am besten neben einer einheimischen, netten Familie sitzen.
• Sich nicht von „Schleppern“ auf Bahnhöfen und Flughäfen in irgendeine angeblich gute Unterkunft „entführen“ lassen.
5. Falscher Ehering
Wer gerne seine Ruhe auf Reisen hat, sollte sich als Frau einen falschen Ehering zulegen. So ein kleiner, billiger goldener Ring kann Goldes wert sein! Sehr schnell wird man nämlich in Indien von potentiellen Heiratskandidaten jeden Alters nach einem möglichen Ehemann gefragt. Um deren Interesse gleich einzudämpfen, einfach kurz vom geliebten Ehemann erzählen, bei bedarf noch ein paar Kinder hinzufügen und den Ring herzeigen. Gegebenenfalls ein bisschen nachlegen und sagen, dass der Ehemann auch schon auf dem Weg „hierher“ ist etc. Besonders wenn frau die 30er-Grenze erreicht hat und „noch immer“ alleine reist, macht sich ein falscher Ehering bestens – zumindest, wenn man mitleidige Blicke oder ausartende Verkupplungsversuche indischer Großfamilien vermeiden will. 😉
6. Gute Story
Für den Notfall zahlt sich immer eine gute Story aus. Je nach Situation: Der Ehemann kommt gleich nach …; der Vater sei ein hoher Politiker usw. Hört sich simpel an, kann aber eine große Wirkung haben.
7. Immer dabei
Wer auch auf Reisen nicht auf einen Pfefferspray verzichten möchte: Den gibt es günstig in vielen indischen Apotheken.
8. Don’t touch me!
Ab und an hört man von reisenden Frauen, dass sie im Gewühl der quirligen Straßen von Männern betatscht wurden. Schon allein, um diese Art von Mann zu blamieren, sollte man sich lautstark wehren: „Don’t touch me! Verbal, in erster Linie und wie meine indische Freundin rät, zuerst mal ohne ausartende Beleidigungen. Für einen Inder ist es unheimlich blamabel bei so einer Tat „aufzufliegen“.
9. Bestimmt und sachlich
Wenn es wirklich brenzlig wird, hat bei mir Folgendes geholfen: Zuerst nur mal ganz ruhig aber sehr nachdrücklich sagen, was Sache ist – ohne dabei unhöflich zu sein. Am besten auch gleich eine überdimensionierte Unwahrheit auftischen (am besten immer einbinden, dass man irgendeine wichtige Persönlichkeit kennt!). Einen Versuch ist es wert – bei mir hat’s öfters geklappt.
10. Shout it out laud
Wenn alles nichts mehr hilft: Alle Register ziehen und sich wirklich lautstark wehren. Raus mit dem heiligen Zorn. Nur keine Angst zeigen! Indische Männer rechnen nicht mit so einer Situation und werden leicht eingeschüchtert. Aber ACHTUNG: Hier spreche ich aus persönlicher Erfahrung. Das ist kein allgemeingültiges Patentrezept und kann auch das Gegenteil bewirken.
Summa summarum: Smart reisen ist angesagt. Ich empfinde Indien nicht gefährlicher als andere Destinationen, die ich bereist habe. Passieren kann natürlich immer etwas. Aber für mich ist und bleibt Indien immer eine Reise wert! Und wer nicht naiv und blauäugig durch die Gegend läuft, sondern smart und mit einem offenen Herzen, den erwartet ein unbeschreiblich tolles Land und viele wunderschöne Erfahrungen.
Als Frau allein in Ladakh:
Ladakh ist kulturell gesehen ganz anders als das große Indien – hier ist man als alleinreisende Frau viel sicherer und sieht sich kaum gefährlichen Situationen ausgesetzt.
Mit uns immer sicher unterwegs: Wer trotz der Tipps von Ulli Felber nicht als Frau alleine durch Indien reisen will, ist bei uns bestens aufgehoben. Wir kennen unsere Fahrer, Guides und sonstige Mitarbeiter. Da bist Du bestens aufgehoben. Und wenn Du in einer Gruppe reist, bist Du generell gut geschützt: Zu unseren Gruppenreisen!