Wenn mich mein Job eines gelehrt hat dann die Tatsache, dass man Reisen noch so gut planen und organisieren kann und trotzdem geht alles in die Hose. Der Mensch täte ja gerne alles regeln und garantiert haben, aber manchmal werden wir auch einfach gelenkt und haben keine andere Wahl als uns höheren Gewalten zu beugen. Auch wenn es das ist, worauf wir uns am meisten gefreut haben. Wie eben ich mich auf Stepantsminda (1.700m) am Fuße des 5.047m hohen Kazbeg, weil es dort wunderbar zum Wandern ist und auch feine Fotomotive liefert. Das Titelbild dieses Beitrags (siehe oben) hätte ich gerne selbst geschossen. Hab ich aber nicht. Weil es partout letzte Nacht so viel schneien musste, dass die Passstraße dorthin wegen akuter Lawinengefahr gesperrt wurde. Verdammt!

Am Weg nach Stepantsminda berichtet das staatliche Fernsehen vom plötzlichen und erneuten Wintereinbruch und der Sperre der Passstraße wegen akuter Lawinengefahr

Georgien: Oft geht blöd!

Schon am Vortag waren wir auf Schneefall vorbereitet und darauf, dass die geplante Wanderung unter Umständen etwas kürzer ausfallen würde. Und selbst wenn es keine Wanderung gäbe, Hauptsache die fesche Kirche Zminda Sameba auf 2.170m sehen und vor der atemberaubenden Bergkulisse fotografieren (siehe nochmals Titelbild). Das war mein erklärtes Ziel.

In der Früh hat es in Kachetien – unserem Ausgangspunkt – geschüttet, die Straßen standen teilweise unter Wasser und die Schönheit des Alazani-Tals war unter derart trüben Bedingungen auch nicht wirklich optimal zu genießen, geschweige denn fotografisch festzuhalten.

Die Kirche Gremi im Alazani-Tal schaut auf diesem Foto trotz des Schnürlregens halbwegs passabel aus.

Schließlich wurden wir telefonisch darüber verständigt, dass die Passstraße nach Kazbegi (der alte Name Stepantsminda) polizeilich gesperrt wurde. Zuviel Schnee war gefallen und fällt noch immer und die Gefahr von Lawinenabgängen sei einfach zu hoch. Ich gestehe, dass ich alles andere als glücklich war, aber zum Heulen war mir doch nicht. Damals, ja, vor mehr als 10 Jahren noch, da hätte ich mich wie Rumpelstilzchen geärgert und wär im Kreis gesprungen, weil ich ja unbedingt, unbedingt dorthin wollte. Aber nach den vielen Jahren Arbeit im Himalaya und in Indien hab ich eines gelernt: die Dinge so zu nehmen wie sie sind. Wir können minutiös und so veraussehend wie nur irgendmöglich planen und überaus bemüht sein, aber wenn der Himmel sagt, er muss die frühlingshafte Welt jetzt unbedingt noch einmal mit einem heftigen Schneefall strafen, ja, dann ist dem so und da hilft all die Wut nichts.

Auf dem Weg in Richtung Stepantsminda wird sichtbar, dass wirklich einiges an Schnee gefallen ist.

Wir beschließen zumindest bis nach Gudauri auf 2.196m, einem für Skisport und Heliskiing beliebten Ort am Fuße des Kudebi, ca. 35km vor Stepantsminda zu fahren und darauf zu hoffen, dass wir morgen weiter kommen, wenngleich die Aussichten gering sind, weil für die nächsten 10 (!) Tage täglich Schneefall prognostiziert wird.

Die Berge am Beginn der Passstraße nach Gudauri sind nebelverhangen.

In Gudauri liegt zwar gar nicht mehr so viel Schnee, weil die Temperaturen im Laufe des Tages wieder im Plusbereich sind, dafür aber ist es gatschig und es tröpfelt vor sich hin, zum Wandern keine guten Voraussetzungen und generell erinnert mich die Ortschaft an all die hässlichen künstlich aufgezogenen österreichischen Schiregionen mit viel zu großen und absolut uncharmanten Hotelanlagen. Nur noch etwas hässlicher. Nein, das ist nicht mein Stepantsminda. Folglich sitze ich jetzt im Hotel schreib diesen Beitrag und hoffe auf ein Wunder für den morgigen Tag. Ansonsten werden die Bergriesen des Kaukasus hier an der Grenze zu Südossetien und Russland morgen wieder verlassen und Alternativen erkundet. Wer weiß wofür es gut ist. Womöglich führt mich so das Schicksal an einen noch spannenderen Ort. Davon gehe ich jetzt einfach mal aus, nein, ich erwarte es. Und wenn dem nicht so ist, dann werde ich zu Rumpelstilzchen 😉

Stepantsminda und Gudauri liegen an der berühmten Heeresstraße an der Grenze zu Russland und der umstrittenen Region Süd-Ossetien, das völkerrechtlich zu Georgien gehört, sich jedoch abgespalten hat und dessen Unabhängigkeitsbestrebungen von den Russen mit strategischem Kalkül unterstützt werden. Foglich sind die Georgier auf Russland nicht besonders gut zu sprechen.

Gudauri selbst ist nicht gerade schön. Ein künstlich hochgezogener Ferienort, desssen Gebäude viel zu schnell und ohne Liebe hochgezogen wurden. Die bestimmt atemberaubende Bergkulisse bleibt mir leider wegen des Nebels größtenteils verwehrt.

Das Kircherl unweit des Zentrums von Gudauri.

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