Tibetischer Buddhismus einfach erklärt – eigentlich kaum möglich, denn der tibetische Buddhismus ist in vielerlei Hinsicht sehr komplex. Trotzdem wagen wir den Versuch einer einfachen Erklärung. So wie es in den anderen Hauptreligionen unterschiedliche Schulen/Richtungen gibt, gibt es diese auch im Buddhismus – wir kennen den Zen-Buddhismus, der sich vom Buddhismus wie er in Thailand oder Sri Lanka praktiziert wird unterscheidet, und der tibetische Buddhismus ist uns gerade im Westen durch prominente Anhänger wie Richard Gere und natürlich der wichtigsten Leitfigur im tibetischen Buddhismus, SH dem 14. Dalai Lama, bekannt.

Der tibetische Buddhismus: Geschichte, Hintergründe, Schulen

Die Anfänge

Padmasambhava

Padmasambhava

Die Geschichte des tibetischen Buddhismus geht zurück ins 7. Jhdt. in die Zeit des tibetischen Königs Songtsen Gampo, der Tibet vereint und zwei buddhistische Frauen geheiratet hatte – Prinzessin Bhrikuti aus Nepal und die Prinzessin Wen Cheng aus China. Unter ihm begann der Buddhismus in Tibet Fuß zu fassen, auch wenn es zu dieser Zeit nur wenige Buddhisten gab und ihre Tempel schlichten Kapellen ähnelten. Zu dieser Zeit waren die meisten Tibeter Anhänger einer animitisch-schamanistischen Religion bzw. der Bon-Tradition.

Nach Songtsen Gampo hat der König Trisong Detsen den buddhistischen Mönch Shantarakshita und den Yogi Padmasambhava eingeladen, um den Buddhismus zu stärken. Doch es war schwer die Menschen in Tibet davon zu überzeugen der Bon-Religion den Rücken zuzukehren. Auch konnte er aufgrund von spirituellen Hindernissen keine Klöster bauen. Hier kam Padmasambhava ins Spiel, der diese Hindernisse ausgeräumt hat, indem er lokale Dämonen zerstört bzw. sie zum Buddhismus bekehrt hat (so die Legende). Damit legte er auch den Grundstein für die tantrische Tradition im tibetischen Buddhismus: Auch Faktoren unseres Lebens, die scheinbar negativ sind, können uns auf unserer spirituellen Reise vorwärts bringen – sie müssen nicht unterjocht oder zerstört, sondern können in unseren Weg integriert werden. [/one_half_last]

Praktiken und Glaubensansätze

Obwohl der Buddhismus gemeinhin als Religion bezeichnet wird, wird Buddha weder als Gott noch als übernatürliches Wesen angesehen. Er ist vielmehr eine Person, die es geschafft hat die Wahrheit zu erkennen und damit die Erleuchtung zu erlangen. Unter Erleuchtung versteht man auch kein transzendentes Konzept außerhalb unserer Welt, sondern die Erkenntnis, dass unterhalb unserer Unwissenheit Glückseligkeit zu finden ist.

Die 4 Hauptschulen des tibetischen Buddhismus (mehr dazu weiter unten) betonen die Bedeutung der drei Drehungen des Rades der Lehre. Das Dharma (=die Lehre) bezieht sich auf die Lehre des Buddha, die er nach seiner Erleuchtung weitergegeben hat, während die drei Drehungen sich auf die Phasen der buddhistischen Traditionen im Lauf der Geschichte beziehen. Die erste Drehung bezeichnet man meist als „Hinayana“ oder „kleines Fahrzeug“: In dieser Tradition legt man das Hauptaugenmerk auf die Zähmung des eingenen Geistes. Gerne wird diese Schule auch Theravada genannt und wird vor allem in Burma und Thailand praktiziert. Später hat sich die „Mahayana“-Tradition bzw. das „große Fahrzeug“ entwickelt, die sich mehr auf die Praxis des Mitgefühls, um allen Wesen Nutzen zu bringen, konzentriert. Zen und der tibetische Buddhismus stehen in dieser Tradition.

Das besondere aber am tibetischen Buddhismus ist die dritte Drehung des Rads der Lehre: das “Vajrayana” oder „unzerstörbare Fahrzeug“. Die Lehren des Vajrayana werden nur von einem speziellen Lehrer gelehrt, denn diese Praktiken sind geheim und werden nur jenen Menschen weitergegeben, die entsprechend darauf vorbereitet wurden. Die Vajrayana-Praktiken sind tantrische Lehren und beginnen mit sogenannten „ngondro“-Praktiken, die Niederwerfungen, Mantra-Rezitationen, Mandala-Formationen und Visualisierungen umfassen. Danach folgt „Sadhana“, eine längere Praxis, die noch tiefer in die tantrische Lehre geht. Der tantrische Pfad wird oft als zweckmäßig bezeichnet, weil man in seinen Meditationen auf den herausfordernden Aspekten des Lebens meditiert und sie damit zu einem wichtigen Bestandteil seines spirituellen Wegs zur Erleuchtung macht.

Die 4 Schulen des tibetischen Buddhismus

Nyingma
Natürlich führen alle tibetischen Schulen ihre Wurzeln auf Buddha selbst zurück, trotzdem aber haben alle ihre spezielle Geschichte. Die Schule der Nyingma ist die erste Schule des tibetischen Buddhismus, die von Anhängern von Padmasambhava gegründet wurde. „Nyingma“ kann mit „alt“ übersetzt werden.
Die Nyingma-Schule ist eine Yogi-ähnliche Tradition, die aus losen Strukturen von Lehrern und Anhängern besteht – ganz im Gegensatz zu den monastischen Systemen, die erst später aufgekommen sind. Eine Besonderheit der Nyingma sind die „verborgenen Schätze“ oder „Terma“. Padmasambhava und seine engsten Schüler und Schülerinnen versteckten hunderte von Texten, Ritualgegenständen und Reliquien an geheimen Orten, um die Lehren des Buddhismus vor der Zerstörung durch dem Buddhismus feindlich Gesinnte zu bewahren.

Kagyu
Die Kagyu Schule führt ihren Ursprung zurück auf den indischen Yogi Tilopa (988-1069). Wie viele andere bedeutende Figuren der Kagyu hatte er ein schwieriges Leben, tagsüber stampfte er Sesam zu Öl und abends führte er Freier zur Prositutierten Dharima, die als wichtige Wegbereiterin in seinem Leben gilt. Er war ein glühender Praktizierender, der den Weg zur Erleuchtung fand. Tilopa entwickelte ein Meditationssystem, das als „Mahamudra“ oder „großes Siegel“ bekannt wurde und an seinen Schüler Naropa weitergegeben hat. Marpa, ein schwerer Trinker aus Tibet, kam, um mit Naropa zu studieren und hat die Lehren mit nach Tibet gebracht. Marpa wurde als Großer Übersetzer bekannt, weil er diese Lehren ins Tibetische übersetzt hat. Milarepa, einer der größten Weisen Tibets, war Marpas Schüler.

Sakya
Oft wird der indische Lehrer Virupa als Gründer der Sakya-Schule angeführt, dessen Lehren an den Tibeter Drokmi Lotsawa Shakya Yeshe (992-1072) weitergegeben wurde, als dieser nach Indien reiste. Drokmi Lotsawa gab seine Aufgaben an Khon Konchok Gyalpo weiter, der ein Kloster aus grauer Erde baute. Daher auch der Name der Schule „Sakya“ = „graue Erde“.

Tsongkhapa

Tsongkhapa

Gelug
Die heute bedeutendste Schule ist die neueste Tradition: Die Gelugpas, dessen bedeutendste Persönlichkeit SH der Dalai Lama. Als Gründer der Schule gilt Tsongkhapa, der im 14. Jhdt. das Kloster Ganden in Tibet gegründet hat. Einer der Schüler von Tsongkhapa wurde später der 1. Dalai Lama. Die Gelug-Schule wird auch als „Schule der Tugendhaften“ bezeichnet, weil sie sehr strenge Regeln haben und die Mönchsdisziplin und das Zölibat hervorheben. Tsongkhapa fasste die Mahayana-Lehren der Philosophen Nagarjuna, Asanga und Dignaga in seinem Werk Lam-rin chen-mo („Große Darlegung des Stufenwegs“) zusammen. Der „Lamrim-Stufenweg zur Erleuchtung“ ist bis auf den heutigen Tag die Grundlage des von den Gelugpa gelehrten Erleuchtungsweges.[/one_half_last]

Verbreitung

Der tibetische Buddhismus wird heute in Indien in Ladakh, Sikkim, Himachal Pradesh, Arunachal Pradesh und in Regionen der Exilgemeinschaften in Indien (bspw. Karnataka, Bihar, Orissa, Asssam), Bhutan, Nepal und Tibet praktiziert. Bis auf Nepal und Tibet führen wir überallhin auch Reisen durch, gerne auch mit Fokus auf tibetischen Buddhismus.

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